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"Challenge Social Innovation" als Prozess

26. Apr 2012

Konjunktur für soziale Innovationen in wirtschaftlichen Krisen

Die Entwicklung und Durchsetzung neuer Praktiken zur Lösung gesellschaftlicher Probleme geht in Krisenzeiten - d.h. unter massivem Druck - schneller vonstatten als in ruhigem Fahrwasser.

Die Vermeidung des Zusammenbruchs der Energieversorgung in Japan trotz Ausfalls der Stromproduktion aus Nuklearanlagen kam kurzfristig durch Verhaltensänderungen (bis hin zu lockereren Dresscodes statt Klimaanlagen) zustande. Der Energieverbrauch wurde ohne wesentliche Einschränkungen um 15-20% verringert (Uwe Schneidewind).

In Griechenland können sich die Menschen nicht darauf verlassen, dass wirtschaftliche und technische Innovationen aus der Krise führen würden; es fehlen Investitionen in neue Kombinationen von Produktivkräften, wie Schumpeter vor 100 Jahren Innovationen beschrieb. Stattdessen werden zum Teil alte Formen des Handelns (im sozialen wie wirtschaftlichen Sinn) wieder belebt, oder - in Anlehung an die ursprüngliche Schumpeter-Formel - neue Kombinationen von sozialen Praktiken erfunden und eingeführt. Die entstehenden sozialen Innovationen sind vielfältig, wie in einem kürzlich im Guardian erschienenen Bericht exemplarisch nachgelesen werden kann.

Darin wird zurecht die Frage aufgeworfen, ob und warum es anscheinend (zu) oft einer Katastrophe bedarf, um eigenes Verhalten und gesellschaftliche Spielregeln zu ändern, während rechtzeitige und vermutlich weniger drastische Modifikationen die Katastrophe verhindern hätten können.

Die "Challenge Social Innovation" geht in diesem Sinn immer weiter und muss von Land zu Land, für verschiedene soziale Schichten, Berufs- oder Altersgruppen unterschiedlich beantwortet werden.

Ganz in diesem Sinn ist zu beobachten, dass etwa das Land Steiermark über ein Förderprogramm für soziale Innovationen nachdenkt, oder das deutsche BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) einen auf europäische Entwicklungen abgestimmten nationalen Forschungsschwerpunkt "Soziale Innovation" plant.

Ebenso wie in den Überlegungen der Europäischen Kommission zu Forschungsthemen im noch laufenden 7. Rahmenprogramm für FTE (und im kommenden "Horizon 2020") bewährt sich dabei die in der Konferenz "Challenge Social Innovation" ausgearbeitete "Vienna Declaration on the most relevant topics in social innovation research" als ein viel beachtetes Referenzdokument.

Zu den öffentlich verfügbaren Ergebnissen der Konferenz sind in diesem Monat 17 Beiträge von TeilnehmerInnen dazu gekommen, die in der Schriftenreihe "ZSI Discussion Papers" online zum kostenlosen download angeboten werden. Weitere Beiträge werden im Lauf des Jahres 2012 in einem Sammelband im Verlag Springer erscheinen.

Die Herausforderungen der Verwertung von Konferenzergebnissen sind dadurch noch keineswegs bewältigt: Die in der Vienna Declaration formulierten Forschungsfragen indizieren de facto langfristige Arbeitsprogramme, zugleich wachsen Erwartungen und Aufgaben des ZSI parallel zum weiter steigenden Interesse an sozialen Innovationen. Dabei geht es um das Einlösen von Versprechungen in systematischer Zusammenarbeit mit anderen für soziale Innovationen engagierten Stakeholdern in Wissenschaft, Praxis und Politik - in Österreich, der EU und darüber hinaus.

Josef Hochgerner, Wissenschaftlicher Leiter des ZSI

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