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Wie wirkt Covid-19 auf unsere Evaluierungskultur?

6. Mai 2020

Lessons (to be) learnt from living with Covid-19 (#11)

von Dorothea Sturn

Selten konnten wir in den Medien so vielen Wissenschaftlern - und weit weniger Wissenschaftlerinnen – zuhören wie derzeit. Anthony Fauci in den USA, Jérôme Salomon in Frankreich, Fernando Simón in Spanien, Christian Drosten in Deutschland: fast jedes Land hat seinen Corona-Star. Helga Nowotny freute sich kürzlich in einem Interview mit dem Falter über das steigende Interesse an wissenschaftlicher Information und ortete gar ein „neues Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft“ (Der Falter, 29.04.2020, S. 36).

Heißt dies, dass evidenzbasierte Politik nach der langen Durststrecke des Vertrauensverlustes in die Wissenschaft wieder eine neue Chance bekommt? Nur bedingt. Die Datenlage ist vielfach mangelhaft, es gibt keinen längeren Erfahrungszeitraum und Vergleiche zwischen verschiedenen Ländern können nicht nur Ansteckungen, Genese und Tote mit den mehr oder weniger restriktiven Maßnahmen in Beziehung setzen, sondern müssen auch sehr viele Rahmenbedingen wie die Gesundheitssysteme, die Altersstruktur etc. berücksichtigen. Und sehr viel weiß schlicht niemand: Wieviel bringt Abstand halten, Maske tragen und Hände waschen? Können Kinder das Virus übertragen? Wird es eine zweite Welle geben?

Die Wirkungen der Krise auf die Gesellschaft wie die zunehmenden Ungleichheiten in Bildung, Ökonomie und vielen anderen Lebensbereichen werden uns noch lange begleiten und haben durchaus auch Wirkungen auf Forschung, Wissenschaft und unsere Evaluierungskultur.

Erstens einmal budgetär. Es besteht die berechtigte Sorge, dass die Forschung wieder einmal ganz oben auf der Liste steht, wenn der Rotstift angesetzt wird. In Österreich wie in Europa. Und Evaluierungen sind teuer, wenn sie mit der notwendigen Sorgfalt durchgeführt werden. Man weiß auch nie so genau was rauskommt.

Zweitens kann aber auch die Qualität leiden. In Österreich haben sich sehr viele Einrichtungen, die Evaluierungen im Bereich Forschung, Technologie und Innovation durchführen oder beauftragen selbst verpflichtet, die Standards der Österreichischen Plattform für Forschungs- und Technologiepolitikevaluierung (fteval) einzuhalten. Dies benötigt eine ausreichende Finanzierung für Evaluierungen und ausreichend Zeit.

Nur: Zeit haben wir keine. Dies gilt insbesondere für die Forschungsförderungsorganisationen, die jetzt alle vielfältigste neue Formate als schnelle Antwort auf die Krise kreieren. Der WWTF war der allererste: Die Anträge waren sehr kurz, die Bearbeitungszeit rekordverdächtig. Inzwischen unterstützt der FWF die „Akutförderung zur Erforschung humanitärer Krisen wie Epidemien und Pandemien bzw. „Akutförderung SARS-CoV2“, der OeAD hat einen Härtefall-Fonds für Stornokosten bei Schulveranstaltungen eingeführt, die FFG wickelt die Sofortmaßnahme zur Bekämpfung des Coronavirus "Corona Emergency Call" ab, die LBG hat einen OIS Research Enrichment Fund eingerichtet.

Alle arbeiten mit – mehr oder weniger – verkürzten Verfahren, reduzierten Kriterien und vereinfachten Antragsformularen. Das ist gut und verständlich in Zeiten der Krise, wird aber hoffentlich kein Dauerphänomen der „neuen Normalität“.

Angela Merkel antwortete auf die Frage, ob nach der Krise alle Einschränkungen unserer demokratischen Grund- und Freiheitsrechte wieder hergestellt würden mit: „Ich hoffe schon“. Ein „selbstverständlich“ wäre besser gewesen. Auch wenn wir nicht wissen, ob alles was jetzt passiert richtig ist – wir wissen sicher, dass wir all dies, auch unsere Standards, dringend wieder brauchen.

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Tags: Corona Virus, evaluation