Print
News

Eine außergewöhnliche Jazz-Informance zum Jubiläum des ZSI

25. Aug. 2010

„Jazz – die klassische Musik der Globalisierung“ in den MUMOK Hofstallungen

Reinhold Wagnleitners langjährige Aktivitäten als Musiker und seine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Jazz resultierten in einer Serie von wissenschaftlichen Projekten (Publikationen, Vorträgen, universitäre Lehre in Europa und in den USA). Gemeinsam mit dem Pianisten Tom McDermott aus New Orleans entwickelte er eine innovative Annäherung an das Phänomen der kulturellen Globalisierung: die Informance “Jazz – die klassische Musik der Globalisierung”.

Wagnleitner

Seit 2003 tourte er – abwechselnd mit McDermott oder seinem Bruder Günter Wagnleitner am Piano – mit diesem ständig erneuerten Programm bisher in Deutschland, Griechenland, Österreich und den USA. Bereits zweimal bestritten McDermott und Wagnleitner den Hauptprogrammpunkt bei Veranstaltungen in New Orleans: 2005 beim New Orleans International Music Colloquium (French Quarter Fest) und 2008 anlässlich der Tagung “The Jazz Culture of New Orleans” an der Dillard University, der ältesten afro-amerikanischen Universität von New Orleans. 2009 folgten weitere Auftritte in Dallas, Houston, Santa Monica und San José. Im Frühjahr 2010  gaben Günter und Reinhold Wagnleitner die 2. Levi Strauss-Lecture for American Culture and Civilization an der Universität Erlangen-Nürnberg (Levi Strauss Museum, Buttenheim, in Kooperation mit dem Deutsch-Amerikanischen Institut, Nürnberg). In der wissenschaftlich ebenso fundierten wie musikalisch inspirierten Informance analysieren der Salzburger Historiker Reinhold Wagnleitner und der  Spitzenpianist Günter Wagnleitner die musikalischen und kulturellen Hintergründe der Globalisierung auf innovative und unterhaltende Art. Schon seit hundert Jahren zerbrechen sich Kritiker den Kopf, worin denn nun die globale Anziehungskraft des Jazz besteht, ohne zu begreifen, dass die Musik als solche das kulturelle Herzstück der Globalisierung bildet, dass der Jazz von Beginn an die klassische Musik der Globalisierung, die originäre Weltmusik darstellte.

Als der Jazz das Licht der Welt erblickte, war New Orleans nicht nur die bei weitem internationalste und am meisten globalisierte – und damit gleichzeitig die am wenigsten „typisch amerikanische“ - Stadt der USA, sondern wahrscheinlich auch der kulturell internationalste Ballungsraum weltweit. Jazz ist eine durch und durch transnationale Musik, eine Musik auf Reisen, eine Musik der Diaspora. Das Geheimnis der globalen Attraktivität des Jazz ist nicht schwer zu enträtseln. Es ist bereits in seinen globalen Ingredienzien angelegt. Kann man den frühen Jazz als die klassische Musik der Globalisierung bezeichnen, so steht der Swing für seine romantische Periode, Bebop sowie Modal Jazz und Free Jazz für die modernistische Phase. Acid Jazz, Hip Hop, etc. können als seine postmoderne Ausprägung interpretiert werden. Jazz gilt mittlerweile als klassische Musik Amerikas. Doch dieses Korsett erweist sich als nationalistische Verengung, wenn es nicht überhaupt kontraproduktiv wirkt. Denn der Jazz steht für viel mehr. Er ist die klassische Musik der Globalisierung und damit der Soundtrack des 20. Jahrhunderts.  Ob er diese Rolle auch im 21. Jahrhundert spielen wird, muss offen bleiben.   

A BROTHERHOOD MOST DEVOTED TO THE CULT OF THE DISPLACED ACCENT Günter Wagnleitner, der musikalische Begleiter des Vortrages, ist seit den späten 1960er Jahren ein Fixpunkt der österreichischen Musikszene. Schon seit den 1950er Jahren praktizierte der damals blutjunge Musiker ein musikalisches Konzept der Verbindung von klassischer Musik und Jazz, Kirchenmusik und Blues, leichter Muse und Rock ´n´ Roll. Aber so wegweisend und modern dieser künstlerische Ansatz auch war, so stieß er doch auf  die totale Ablehnung der damaligen Gralshüter der abendländischen Kultur. Günter Wagnleitners Vertreibung aus den heiligen Hallen diverser Lehrerbildungsanstalten in Linz, Salzburg und Wien – die Begründung lautete stets: musikalische Jugendgefährdung – wurde in der Szene legendär. Bevor Günter Wagnleitner schließlich sein Studium (Klavier und Gesang) an der Hochschule Mozarteum abschloss und als Musiklehrer an diversen österreichischen Musikschulen wirkte, unternahm er, nach einem einjährigen Intermezzo bei der Salzburger Militärmusik, 25 Jahre lang Tourneen mit  eigenen Bands in vielen europäischen Ländern. Außerdem arbeitete er als Pianist, Sänger und Entertainer auf zahlreichen Kreuzfahrten an Bord von deutschen und sowjetischen Luxusdampfern im Mittelmeer, in der Nord- und Ostsee, auf dem atlantischen Ozean und in der Karibik. In den letzten Jahren tourte er mit seinem Bruder Reinhold und dessen Informance “Jazz – the Classical Music of Globalization” in Deutschland und Österreich.

Dr. Reinhold Wagnleitner ist Historiker (Außerordentlicher Universitätsprofessor für Allgemeine Geschichte der Neuzeit an der Universität Salzburg, Lecturer am Salzburg College und seit vielen Jahren Mitglied der Fakultät des Salzburg Global Seminar, Schloss Leopoldskron; 2009 Ernennung zum Honorary Global Citizen Chair) und Amateurmusiker. Über viele Jahre spielte er Bass und sang in Rock- und Jazzbands. Während der 1970er Jahre betreute er das Rock- und Jazzprogramm der Szene der  Jugend, dem ersten alternativen Kulturfestival Österreichs. 1999-2001 wirkte er im International Advisory Council an der Vorbereitung der Louis Armstrong Centennial Conference in New Orleans mit. Für sein Projekt Satchmo Meets Amadeus (Symposia mit Klassik- und Jazz-Konzerten in New Orleans und Salzburg 2000, 2001 und 2006) erhielt er den Tolerance and Diversity Prize der US-Botschaft in Wien. 1977 wurden ihm der Theodor-Körner-Preis und ein Stipendium des Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (1977-80) verliehen. 1987 und 1991-92 war er Fulbright Scholar (Verleihung des Fulbright Certificate “for increasing mutual understanding between the people of Austria and the people of the United States of America through academic achievement as a Fulbright Scholar”, 1988). 1983 war er Fellow des American Council of  Learned Societies am Institute for the Study of Diplomacy (School of Foreign Service, Georgetown University, Washington). Als Gastprofessor für US-Geschichte lehrte er an der University of Minnesota, Minneapolis (1987), am Franklin & Marshall College, Lancaster, Pennsylvania (Max Kade Distinguished Visiting Professor, 1991-92) und an der University of New Orleans (1998).  Er ist langjähriges Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Amerikastudien (Präsident, 1995-96) und der Europäischen Gesellschaft für Amerikastudien. 1998 gründete er das Forschungsprojekt Geschichte @ Internet. Seit 1999 ist er Vorsitzender der Gesellschaft für Geschichte der Neuzeit sowie Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Leopold Kohr Akademie. 1992 wurde ihm für sein Buch Coca-Colonisation und Kalter Krieg der Ludwig-Jedlicka-Gedächtnis-Preis für "eine herausragende Leistung aktueller österreichischer Zeitgeschichtsschreibung" verliehen. 1995 erhielt er in Washington für die US-Ausgabe des Buches den Stuart L. Bernath Prize der Society for Historians of American Foreign Relations für "a landmark study in international cultural relations". Mit Elaine Tyler May gab er das Buch Here, There, and Everywhere: The Foreign Politics of American Popular Culture (2000) heraus, welches von Lingua Franca als Breakthrough Book ausgewählt wurde. Zuletzt erschien 2006 Satchmo Meets Amadeus. 2008 wurde Dr. Wagnleitner von Transaction Publishers (Rutgers University) zum  Herausgeber der Buchreihe Music and Society berufen.

Mehr zum Thema lesen Sie auf der Website...

Related Articles:

Tags: globalisation, social innovation

Sorry, this article is not available in your selected language.