Kooperation mit Südosteuropa – es bleibt spannend!
19. Mar. 2014
Eine Schwerpunkt-Region der Arbeit des ZSI im Bereich Forschungspolitik und Entwicklung
Der „Westbalkan“ – was ist das? Auf jeden Fall ist es ein Begriff, der in der Region nicht immer geschätzt wird, der im EU-Jargon so etwas wie die Formel beschreibt „Ex-Jugoslawien minus Slowenien plus Albanien“ und mit dem wir uns am Zentrum für Soziale Innovation seit einigen Jahren intensiv beschäftigen – vor allem im Hinblick auf Forschung und Innovation in der Region.
Wie geht es Forschern und Forscherinnen in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, dem Kosovo, Mazedonien, Montenegro oder Serbien? Wie kann ihre Lage verbessert werden? Wie können die nationalen Innovationssysteme modernisiert werden und an den Europäischen Forschungsraum (EFR) herangeführt werden?
Natürlich haben wir auch nicht auf alles eine Antwort, aber seit mehr als 10 Jahren unterstützen wir auf unterschiedlichen Ebenen: Projekte zu planen, Analysen durchzuführen, Netzwerke zu entwickeln und zu verstärken, Politikberatung zu leisten, Prioritätensetzungen zu begleiten, die ForscherInnen dabei zu ermutigen, neue Finanzierungsquellen zu erschließen, die Professionalisierung von Forschungsevaluation und -administration voranzutreiben und vieles mehr. ZSI-MitarbeiterInnen arbeiteten in der Vergangenheit auch von Ljubljana und Sofia aus an der Stärkung der regionalen Kooperation (‚Austrian Science and Research Liaison Offices‘) und seit 2004 koordinierte das ZSI auch Initiativen zur Abwicklung von Ausschreibungen für Pilot- und Forschungsprojekte mit Südosteuropa.
Im März 2014 feiern wir einige unserer Kooperationsprojekte, unsere Partner und unser Team bei besonderen Anlässen.
Im siebten Jahr des Bestehens organisiert zum Beispiel das ZSI-koordinierte Projekt WBC-INCO.NET seine Abschlusskonferenz: „Towards 2020 - New Horizons for RTD and Innovation in the Western Balkan Region“ am 27.- 28. März 2014, mehr Informationen unter http://towards2020.wbc-inco.net.
Schritte der Annäherung und Erweiterung
Die Länder des Westbalkans haben eine klare europäische Perspektive und den EU-Beitritt als wichtige Priorität. Dies führte bereits zu vielen Modernisierungsschritten und auch zur Assoziierung der Länder an das Siebente EU-Forschungsrahmenprogramm. Es bedeutete auch, dass die Länder sich mit nationalen Mitteln am EU-Forschungsprogramm beteiligten. Im Gegenzug konnten ForscherInnen und InnovatorInnen mit gleichen Rechten und Pflichten teilnehmen, als kämen sie aus einem EU-Mitgliedsland.
Horizon 2020, das neue Förderprogramm 2014-2020, ist mit 80 Mrd. Euro das weltweit größte Programm und die Assoziierungsabkommen für die Länder des Westbalkans sind bereits „on track“, wie es die Europäische Kommission bei der regionalen Konferenz zum Programmstart ausdrückte. Bei den derzeit offenen Ausschreibungen können sich also Partner aus den oben genannten Ländern beteiligen und Förderungen erhalten, als wären sie in Österreich, Deutschland oder einem anderen Mitgliedsland tätig.
Dass es dafür einer Verbesserung der Bedingungen vor Ort bedarf, zum Beispiel durch entsprechende Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung, kann nicht oft genug betont werden.
Der Trend ist positiv
Vor allem Serbien tritt in der Koordination von Rahmenprogrammsprojekten hervor. In Montenegro ist die allgemeine Erfolgsquote höher als der Durchschnitt in den EU-Mitgliedsländern. In Kroatien ist die Anzahl der internationalen wissenschaftlichen Ko-Publikationen pro EinwohnerIn höher als im EU Mittel. Die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen aus dem Westbalkan stieg zwischen 2006 und 2010 rasant, vor allem in Kroatien und Serbien. Bibliometrische Analysen zeigen allerdings, dass die Qualität bzw. Rezeption der Publikationen hinter denen der EU-Mitgliedsländer liegt. Als neuestes Mitgliedsland wurde Kroatien auch im „Innovation Union Scoreboard 2014“ bewertet und liegt vor Bulgarien, Litauen, Rumänien, Polen und Lettland in der Gruppe der „moderate innovators“. Einzelne Highlights dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel zu tun ist.
Die Koordinations- und Unterstützungsmaßnahmen, die von der Europäischen Kommission gefördert und vom ZSI koordiniert wurden, sind wichtige Instrumente, um die regionale Kooperation zu steigern bzw. die Kooperation zwischen der Region und der Europäischen Union. Gemeinsam mit internationalen Partnern wurden in den vergangenen Jahren mehrere Projekte umgesetzt, zum Beispiel mit Fokus auf Informations- und Kommunikationstechnologien (FORSEE, WINS-ICT, ICT-KOSEU, SCORE, IS2WEB, SEE-INNOVATION), die Koordination von Forschungspolitiken und die Unterstützung der „Steering Platform on Research for the Western Balkan countries“ (WBC-INCO.NET, SEE-SCIENCE.EU), die maßgeblich vom österreichischen Wissenschaftsministerium mitbegründet wurde, oder die Unterstützung von Ausschreibungen zur Forschungskooperation (SEE-ERA.NET und SEE-ERA.NET Plus).
Im März präsentiert ein weiteres Projekt seine Resultate, zu denen u.a. die Veröffentlichung von Evaluationsstandards in der Innovations- und Wissenschaftspolitik gehören. Die im Projekt EVAL-INNO etablierte Plattform für EvaluatorInnen soll nachhaltig gestärkt werden. Die Ergebnisse der analytischen Arbeit (mapping, benchmarking, etc.) werden in Wien am 25. und 26. März unter dem Titel “Developing RTDI evaluation culture in South East Europe” vorgestellt.
Das Team, das am ZSI an diesen Projekten arbeitet, ist derzeit gerade unter höchster Anspannung und wer schon einmal eine (oder gleichzeitig mehrere) große Veranstaltungen organisiert hat, weiß, warum besonderer Dank hier an unsere ExpertInnen geht: Klaus Schuch, Felix Gajdusek, Desiree Pecarz, Ines Marinkovic, Dietmar Lampert, Ivan Zupan und Philipp Brugner.
Next stop: Donauraum
Teilweise überlappen sich die Regionen, doch die Politiken sind andere und auch die Erwartungen. Der Trend in der europäischen Regionalpolitik zu „makroregionalen Strategien“ macht auch vor Südosteuropa nicht halt, ganz im Gegenteil: Nach der EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR) ist nun auch eine für das adriatische und das ionische Meer in Entwicklung. Im Donauraum ist Österreich jedoch ein direkter Akteur, eines der betroffenen vierzehn Länder, die gemeinsam dafür arbeiten, dass hier eine attraktive Region den BürgerInnen bessere Chancen auf Bildung, Beschäftigung und Wohlstand ermöglicht. Die EUSDR spielt in der Arbeit des ZSI, daher bereits seit einiger Zeit, eine wichtige Rolle.
Insgesamt beteiligen sich 14 Donau-Anrainerstaaten an der EUSDR: neun EU-Mitgliedsstaaten (AT, BG, CZ, DE, HR, HU, RO, SI und SK), zwei Beitrittskandidatenländer (MN und SR) und drei Drittstaaten (BiH, MD und UA). Quelle: ÖROK, INTERACT
Für den Donauraum wurden elf Prioritäten entwickelt und Aktionspläne, zu deren Unterstützung wiederum Projekte beitragen. Danube-INCO.NET ist der Projektname einer Aktion, die vom ZSI koordiniert wird: 19 Projektpartner unterstützen die Verbesserung des politischen Dialogs und die Kooperation mit anderen in der Region ansässigen politischen Initiativen. Fernziel ist es, den Donauraum zu einer „Innovationsregion“ zu machen und ihn bei der Integration in den gemeinsamen Europäischen Forschungsraum zu unterstützen. Große gesellschaftliche Herausforderungen wie „Energieeffizienz“ und „erneuerbare Energien in einem nachhaltigen Wirtschaftsumfeld“ spielen eine besonders wichtige Rolle in der thematischen Ausrichtung des Projektes, das am 1. Jänner 2014 startete.
Während wir in Südosteuropa den Prozess nach Beendigung der Konflikte im neuen Jahrtausend begleitet haben, der jetzt in die EU-Mitgliedschaft Kroatiens und zur Umsetzung zahlreicher regionaler Initiativen führte, lauert nach den Vorgängen auf der Krim ein neuer Konflikt direkt vor der Türe des Donauraums. Das ZSI ist auch aktiv in der Unterstützung der Kooperation zwischen europäischen und ukrainischen Forscherinnen und Forschern bzw. in der Schwarzmeerregion – aber das ist eine andere Geschichte … und somit: es bleibt spannend!
Zur Person
Die studierte Soziologin Elke Dall ist seit 2004 in Projekte mit Schwerpunkt Südosteuropa involviert, koordinierte unter anderem das 'Information Office of the Steering Platform on Research' für die Länder des westlichen Balkans (SEE-SCIENCE.EU), auf dem das Projekt WBC-INCO.NET basiert, und trug die Verantwortung für die Koordination von WBC-INCO.NET bis 2012. Die Leiterin des Bereichs F&E ist anerkannte Expertin in den Feldern Netzwerkkoordination und Projektmanagement, Analyse von F&E und Innovationspolitiken bzw. -projekten und Evaluation.
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Tags: European Research Area, evaluation, research cooperation, research policy, RTDI cooperation, Southeast Europe